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Zigtausende IT-Spezialisten für die Digitalisierung der Ämter gesucht

Die Digitalisierung der deutschen Ämter ist fast schon traditionell unterentwickelt. Corona hat die Lage nicht verbessert. Es bräuchte den Einsatz zigtausend Informatiker, um dies zu ändern. Experten sind der Meinung, dass der öffentliche Dienst grundlegend reformiert werden müsste, um IT-Spezialisten anzulocken. Das zumindest, wäre ein Lösungsansatz.

Status Quo

Schon vor Corona ergab eine Umfrage des Digitalverbandes Bitkom, dass 56 Prozent der Bürger die Digitalisierung der Ämter in Deutschland als “rückständig” bezeichnen. 2021 waren es schon 62 Prozent. In der Teilkategorie “Digitalisierung der Verwaltung” im Digital Economy and Society Index liegt Deutschland weit abgeschlagen auf Rang 16.

Seit der Corona-Pandemie ist die Zufriedenheit bei den Bürgern mit dem Online-Angebot ihrer öffentlichen Verwaltung laut der Technischen Universität München nochmal zurückgegangen. Die Begründung: Die Angebote seien kompliziert zu bedienen, die Websiten vieler Ämter liefen nicht zuverlässig und die Inhalte seien nur schwer zu finden, fehlerhaft oder inaktuell.



Umfassendes Organisationsversagen

Der Wissenschaftliche Beirat des damaligen Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) fand 2021 einen Grund dafür. Er stellte fest: “Der Rückstand Deutschlands bei der Digitalisierung beruht auf verschiedenen Formen von Organisationsversagen”. Vieles von dem, was während der Corona-Pandemie in kurzer Zeit umgesetzt wurde, hätte auch schon lange vor der Krise unternommen werden können. Dies mag laut dem Ministerium daran liegen, dass Organisationen Schwierigkeiten haben, Prozessinnovationen in ihre internen Abläufe zu integrieren. Es handle sich um mangelnde Veränderungsbereitschaft.


So scheint es nicht zu wundern, dass die Bundesregierung auch mit der Umsetzung des 2017 erlassenen Onlinezugangsgesetzes (OZG) nicht maßgeblich vorangekommen ist. Der DBB Beamtenbund beklagte im September 2021 - also knapp ein Jahr ehe das Ziel erreicht werden muss - dass statt 575 nur 16 Dienste in Verwaltungen online durchgeführt werden können. Das Gesetz sieht vor, dass diese Dienste bis Ende 2022 digitalisiert sein müssen.


Dass das OZG doch noch erfolgreich umgesetzt wird, kündigen SPD, FDP und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag an. Eine Studie der European School of Management and Technology und der Unternehmensberatung KPMG hat allerdings ergeben, dass dafür bis 2026 etwa 46.600 erfahrene Informatiker eingestellt werden müssten. Und es kommt noch dicker: Sind die Software-Lösungen erst einmal entwickelt und installiert, brauchen Bund, Länder und Gemeinden auf Dauer doppelt so viele Fachleute wie bislang, um die Software zu betreiben und zu supporten.


Grundlegende Reformen nötig

Da bis 2030 etwa 1,3 Millionen öffentlich Beschäftigte in den Ruhestand gehen, wird der Personalbedarf extrem hoch. Jedoch ist der Arbeitsmarkt ohnehin nur dünn mit IT-Fachkräften besiedelt. Was also muss geschehen? Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat da so eine Idee. Er fordert grundlegende Reformen, um die Arbeit in den Amtsstuben attraktiver zu machen und moniert ähnlich wie der BMWi der ein Neudenken der bisherigen Führungsansätze für unerlässlich hält.


Kritisiert wird in diesem Zusammenhang, dass das Beamtenrecht bisher keine Fähigkeiten im Projekt- und Change-Management, der Entwicklung langfristiger Strategien oder Kenntnisse grundlegender Digitalisierungstechnologien in der Ausbildung oder den Laufbahnwegen fordere. Es zählten eher die besten Prüfungsnoten und weniger die Erfahrung, die im Bereich der Digitalisierung von wesentlicher Bedeutung seien. Zudem wichtig und bislang stiefmütterlich behandelt würden Teamarbeit und agiles Management.



Verschiedene Experten fordern vor allem, auf die langwierigen Planungs-, Genehmigungs- und Förderverfahren zu verzichten. Die Rede ist von einer universellen „Deutschland-App“, die sämtliche Behördengänge für die Bürger unkompliziert möglich macht.


Homeoffice muss möglich werden

Ein weiterer Grund dafür, dass sich IT-Spezialisten nicht auf die Arbeitsplätze in öffentlichen Verwaltungen stürzen, liegt Bitkom zufolge darin, dass Homeoffice dort nicht gern gesehen wird. Zumindest zeigt das ein Ergebnis einer Studie des Verbands. Demnach dürfen Angestellte und Beamte in jeder zweiten Behörde nicht im Homeoffice arbeiten. Dabei gaben jedoch nur acht Prozent der Führungskräfte an, dass ihre Mitarbeiter im Amt unbedingt anwesend sein müssen, um Bürger zu bedienen.


Zum Zeitpunkt der Studie Ende 2020 wäre Homeoffice für die meisten Mitarbeiter in den Gemeinden ohnehin nicht möglich gewesen, denn nur 46 Prozent verfügten damals über VPN-Zugänge, so Bitkom. 22 Prozent der Ämter besaßen ein Intranet, kaum jemand nutzte Cloud-Anwendungen. 76 Prozent der Behörden hatte keine Digitalisierungsstrategie.



Fazit

Damit die Digitalisierung in den deutschen Ämtern schnellstmöglich vorangetrieben werden kann, würde ein Heer von IT-Experten benötigt. Da diese auf dem Markt ohnehin rar gesät sind, sollten ihnen die Behörden einiges mehr als bislang bieten, um sie für sich zu gewinnen. Dazu sind vor allem die bisherigen Führungsansätze neu zu denken, den Lohn höher anzusetzen und Homeoffice generell möglich zu machen.




Bildquellen: Header: AdobeStock, Footer: unsplash

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